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Die Wahlrechtsreform bei der Bundestagswahl 2025

Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP haben das Wahlrecht reformiert. Gegen die Reform wurde vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Das Verfassungsgericht erklärte die Reform für verfassungsgemäß, setzte allerdings die im Rahmen der Reform gestrichene Grundmandatsklausel wieder ein. Diese besagt, daß eine Partei auch dann in den Bundestag in der Stärke ihrer Zweitstimmen einzieht, wenn sie drei Direktmandate errungen hat.

Umstrittener Kern der Reform war das Prinzip war – und ist nach wie vor – das Prinzip der Zweistimmendeckung. Hiernach können Direktmandate im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage nur zugeteilt werden, wenn diese durch Zweitstimmen gedeckt sind. Gewinnt also eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach Zweistimmen zustehen, werden hiervon nur so viele zugeteilt, wie durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sind. Hierfür werden die Mandate in der Reihenfolge ihrer prozentualen Ergebnisse sortiert und die jene Mandate, die die niedrigsten Anteile haben, nicht zugeteilt. Scheiden Abgeordnete aus einem Bundesland aus, in denen es zu diesen nicht zugeteilten Überhangmandaten kam, rücken die übergangenen Direktkandidaten nach.

Dies sollte dafür sorgen, daß der Bundestag regelmäßig nicht mehr als 630 Mandate hat. Bewirkt wird dies durch gleichmäßige Verluste aller Parteien an Mandaten gegenüber der bisher geltenden Regelung. Gleichwohl teilten die Unionsparteien in ihrem Programm mit, daß sie dieses Wahlrecht im Falle einer gewonnenen Wahl wieder zurücknehmen würden und durch ein Wahlrecht ersetzen, daß die Schwächung des Direktmandates, das Garant für Bürgernähe und Unabhängigkeit sei, rückgängig machen würde (»Politikwechsel für Deutschland«, Wahlprogramm von CDU und CSU, S. 75). Tatsächlich aber gibt es im Bundestag keine Abgeordneten erster und zweiter Klasse. Die Behauptung, daß das Direktmandat ein besonderer Garant für Bürgernähe und Unabhängigkeit sei, geht schon deshalb fehl, weil die Verfassung klar bestimmt, daß alle Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes seien, und hier auch nicht zwischen Direkt- und Listenmandaten unterschieden wird. Direktmandate werden, wie auch die Listenmandate, durch die Parteien auf Parteitagen aufgestellt. Und ob ein Abgeordneter unabhängig oder bürgernahe ist, liegt in der Person und nicht in der Art des Mandates, mit der er oder sie in den Bundestag einzieht.

In der Wahlkabine werden die Wähler/innen selbst von der Reform nichts spüren. Im Rahmen eines Zugeständnisses an die Unionsparteien im Reformprozeß wurde auf eine Änderung der Benennung der Stimmen verzichtet. Nach wie vor werden mit der Erststimme die Direktkandidaten und mit der Zweitstimme die Landeslisten gewählt. Hierbei sollten sich die Bürger/innen nicht von der Überlegung leiten lassen, ob der gewählte Direktkandidat oder die gewählte Direktkandidatin am Ende möglicherweise ihr Mandat nicht zugeteilt bekommen könnte, weil dies sich ohnehin nicht verläßlich vorhersagen läßt. Insbesondere in Bundesländern, in denen keine Überhangmandate anfallen, stellt sich diese Frage ohnehin nicht.

Ebenfalls bestehen kein Risiko und kein Grund zur Besorgnis, daß das Wahlrecht das Wahlergebnis verzerren könnte. Denn Ausschlaggebend ist nach wie vor die Zweitstimme, die über die Zusammensetzung des Bundestages bestimmt. Das war beim vorangegangenen Wahlrecht nicht der Fall, das drei unausgeglichene Direktmandate zuließ, die allesamt der CSU zufielen und das Wahlergebnis zugunsten dieser Partei verzerrte.

Schon beim Wahlrecht, das mit der Bundestagswahl 2013 in Kraft trat, wurde durch die Einführung der Ausgleichsmandate zu der Zeit noch ausnahmslos sichergestellt, daß die Besetzung des Bundestages dem Zweitstimmenergebnis entsprach und Sondereffekte durch Überhangmandate, wie im vorangegangenen Wahlrecht, nicht entstehen würden. Erst die Reform der großen Koalition kurz vor der Bundestagswahl 2021 ermöglichte erneut unausgeglichene Überhangmandate, die wiederum das Ergebnis verzerren konnten. Durch die Reform des Bundestagswahlrechts durch die Regierung Scholz wird nunmehr der Wählerwille, der durch das Zweitstimmenergebnis zum Ausdruck gebracht wird, eins zu eins umgesetzt.

Die Veränderungen in diesem Wahlrecht finden auf der Ebene der Auszählung statt. Dabei wird das Prinzip der Zweitstimmendeckung den hier beschriebenen Effekt haben, Überhangmandate zu vermeiden, die Größe des Bundestages verläßlich auf 630 Mandate zu begrenzen und keine Partei dabei zu übervorteilen. Die Sperrklausel liegt weiterhin bei fünf Prozent mit Ausnahme von Parteien nationaler Minderheiten wie dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), also der Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, die im 20. Bundestag mit einem Mandat vertreten war. An den grundsätzlichen Wahlprinzipien, die im Grundgesetz garantiert sind, wir durch die Wahlrechtsreform ebenfalls nichts verändert. Das neue Wahlrecht garantiert einen demokratischen und verfassungsgemäßen Ablauf der Bundestagswahl in jeder Hinsicht.

© Udo Ehrich 22.02.2025